Moi

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Traumhafte Aussichten

Montag, 10. Oktober 2011

Über Missverständnisse, die das Leben bereichern

Der folgende Text entstammt einem Bericht, den ich für das "Best of ASF" geschrieben habe. Die Geschichten könnten noch unendlich weiter geführt werden.

Ich bin Anne Fuhrmann und seit März 2011 Freiwillige an der Lundheim fhs in Moi/Norwegen. In den letzten acht Monaten kam es zu vielen sprachlichen Missverständnissen, die glücklicherweise größtenteils doch sehr amüsant endeten.

Vor einigen Wochen zum Beispiel hatte ich eine Operation und es ging mir wirklich elend danach. Doch der Krankenpfleger hatte nicht besseres zu tun, als mich alle zwei Minuten zu fragen, ob ich „ kvalm“ müsste. Ich war völlig entsetzt. Gerade mal 10 Minuten nach dem Aufwachen soll ich rauchen dürfen? Hab ich nicht angegeben, dass ich Nichtraucher bin? Ich hab ihm so gut es ging versucht klar zu machen, dass ich nicht rauche und eh viel zu erschöpft sei, um aufzustehen und rauchen zu gehen. Doch er war felsenfest überzeugt, vor 5 Minuten dabei gewesen zu sein, als ich ge“kvalmt“ hab. Ich hab es dann aufgegeben zu diskutieren, weil ich mich übergeben musste und mit einem triumphierenden Lächeln meinte er „Siehst du, du „kvalm“st doch!

Etwas Anderes ereignete sich in den Sommerferien. Wir hatten ein Katzenbaby gefunden, welches wir aufnahmen und versuchten, für es zu sorgen, bis wir die Besitzer gefunden hatten. Am nächsten Morgen kam eine Mitarbeiterin aus der Schule und fragte, ob ich das Katzenbaby „henter“n könnte. „Hente“, ein Wort, was ich schon in Deutschland gelernt hatte und bisher auch immer richtig angewendet habe, doch in dem Moment leider völlig falsch übersetzte. Ich erklärte ihr, dass es gar nicht so schwer sei und ich Tierärztin werden wollen würde und mein Mitfreiwilliger mir beim „händeln“ hilft und das ist auch nicht so schwer, wir haben ja Futter und anderes gekauft. So ein Katzenjunges ist ganz leicht zu händeln. Nach mehrmaligem Wiederholen und immer noch fragenden Blicken ging ich noch mal in mich und überlegte. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. „Hente“ hieß gar nicht „händeln“ sondern „holen“. Es mangelte also nicht an guter Aussprache, sondern an der richtigen Übersetzung. So schnell ich konnte, sprang ich die Treppen hoch, holte die Katze und übergab sie an ihre eigentlichen Besitzer.

Ziemlich am Anfang meines Dienstes, als mein norwegisch mehr aus englischen Worten und raten bestand, fragte mich jemand, ob ich wüsste, wo seine „ tøfler” wären. Ich war mir so sicher, das konnte nur Kartoffeln heißen. Über das Wort „meine“ habe ich nicht weiter nachgedacht. Ich wusste natürlich nicht, wo sie waren, aber da ich ja einen guten Eindruck machen wollte und es ja egal ist, ob es seine Kartoffeln sind oder andere, holte ich schnell welche aus der Küche und gab sie ihm. Er schaute mich völlig entgeistert an. Es muss auch komisch aussehen, wenn man nach seinen „Hausschuhen“ fragt und einen Moment später jemand freudestrahlend einem eine Tüte Kartoffeln entgegenstreckt.

Beim Aufstellen des WG-Putzplans wollte ich mir besonders viel Mühe geben und habe ihn auf Norwegisch geschrieben. Unten drunter kam der besonders große Satz: „Termin ist Freitag!“. Nachdem alle den Zettel begutachtet hatten und in ziemliches Gelächter verfallen waren, fragte ich, was so lustig daran sei. Irgendwann bekam ich raus, dass „Termin“ nicht Termin im allgemeinen Sinne bedeutet, sondern es ist der Termin für die Geburt eines Babys. Seit dem werde ich jeden Freitag gefragt, wie mein Baby heißt und wo es ist.

Mit der Zeit wurde mein norwegisch zum Glück viel besser und es sind nur noch wenige Wörter, die ich völlig falsch benutze. Dazu zählt das Wort „Jo“, was soviel heißt wie „Doch!“ Im deutschen ist „Jo“ ein völlig normales Wort, um jemandem zuzustimmen. Warum also auch nicht im norwegischen? Nach vielen Versuchen, mir das Wort aus dem Kopf zu treiben, bekam mein Mitfreiwilliger das Angebot einer Freundin, ihm ein Wort beizubringen, welches ich nicht kann. Er freute sich, denn davon gibt es nicht so viele. Er fragte also ganz interessiert, welches es sei und die Antwort war „ Anne kann nicht „Ja!“ sagen.“

Das waren nur einige der Missverständnisse, die das Leben bereichern und für viel lustige Stimmung sorgen.


Diese Geschichte und viele mehr gibt es bei dem "Besonderen Adventskalender" auf der ASF-Website zu lesen: http://www.asf-ev.de/de/einblicke/lebenszeichen-vom-freiwilligendienst.html